Sonntag, 11. Oktober 2009

Predigt zu Mk 10,17-27: Reichtum loslassen - sich auf Jesu Weg einlassen


Besitzverzicht - Lebensgewinn
oder:
„Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr -
als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt“

Liebe Schwestern und Brüder, «Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in das Reich Gottes kommt». Ein bekannter Spruch aus der Bibel, oft zitiert. Doch bis heute wird gerätselt, was denn genau mit diesem Sprichwort gemeint ist.
- Wenn mit „Nadelöhr“ das winzige Loch in einer Nadel aus dem Nähkästchen gemeint ist, dann ist dieser Spruch ein Ausdruck für etwas ganz und gar Unmögliches. (So wie z.B. das „Braten eines Schneeballs“ unmöglich ist)
- Wenn man statt Kamälion (= Kamel) Kamilion (= Schiffstau) liest, dann ist es nur möglich, wenn das Schiffstau in seine einzelnen Fäden zerlegt wird...
- Eine andere Erklärung scheint mir jedoch einleuchtender zu sein, was Jesus mit diesem Spruch meint.

Zu der Zeit Jesu waren die Städte von einer Stadtmauer umgeben, in der es breite Stadttore gab. Diese Tore wurden jedoch bei Sonnenuntergang zum Schutz der Stadtbewohner verriegelt und verrammelt. Wer zu spät kam, musste mit seiner Karawane und seinen kostbaren Waren draußen bleiben.

Jedoch gab es in diesen großen Toren eine kleine, schmale Pforte, die auch abends noch geöffnet werden konnte, durch die nur ein Fußgänger hindurch kommen konnte:

Diese kleine Pforte soll im Volksmund „Das Nadelöhr“ geheißen haben.

Mit diesem Wissen im Hintergrund lässt sich besser verstehen, was Jesus meint, wenn er sagt:
„Müheloser geht ein Kamel durch das Nadelöhr hindurch, als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineinkommt.“

Wenn ein – mit Schätzen schwer beladenes – Kamel durch „das Nadelöhr“ gelangen sollte, um in der Nacht vor umherziehenden Räuberbanden in Sicherheit gebracht zu werden, musste zuerst von seinem Besitzer der ganze Besitz abgeladen werden. Nur ganz ohne Gepäck konnte es mit Mühe durch diese enge Pforte hindurch kommen.

Ein reicher Kaufmann musste sich also entscheiden: Möchte ich die Nacht hier draußen verbringen, bei meinen mit kostbaren Waren beladenen Kamelen? Oder möchte ich lieber mein Leben in Sicherheit bringen und ohne den kostbaren Besitz durch das Nadelöhr in die Stadt hineingehen?

• Was muss ich tun, um das ewige Leben zu erben?
für einen Reichen: tun = etwas erwerben
für Jesus: tun = etwas loslassen

Ein Blick auf meinen Apfelbaum – er gibt seine Früchte her wenn die Zeit dafür reif ist…

Das ist also die entscheidende Frage heute an uns:
Können wir los-lassen, was uns kostbar und wertvoll geworden ist?
• Wenn Besitz einen besetzt hält
Jesus verurteilt nicht, dass einer Besitz hat. Denn dadurch kann er ohne Sorge um das tägliche Brot leben.
- Wo jedoch Besitz angehäuft wird und so zum Reichtum wird, da verstärkt sich der Hang zur Maßlosigkeit: "Je mehr man hat, je mehr man will."
- Wer gar nur noch ans Festhalten des Besitzes denkt: "Geiz ist geil!" - der verlernt es zu genießen.
- Der Besitz kann auch eine andere Sorge vergrößern - ihn sichern zu müssen, um ihn nicht mehr zu verlieren.

Schließlich besitzt nicht der Mensch seine Güter, sondern die Sorge um seine Güter hält ihn besetzt.

• Seinen Besitz loslassen - neue Lebensqualität gewinnen
"Wie schwerlich ist es für Menschen, die viel besitzen,
in das Reich Gottes zu kommen. - Leichter geht ein Kamel durch das Nadelöhr hindurch als dass ein Reicher in das Reich Gottes hineingeht."

Ein Rechter Gebrauch seines Besitzes verlangt ein Loslassen des Besitzes durch ein sinnvolles "Verbrauchen" oder Verschenken.

Kinder lernen schnell, festzuhalten, das Los-lassen müssen wir ein Leben lang einüben.
- z.B. wie schwer fällt es manchen, die vor einem übervollen Kleiderschrank stehen, sich von den „guten alten Schätzchen“ zu trennen – man könnte es ja noch ‚mal brauchen…
- oder wie schwer fällt es mir, mich von Büchern zu trennen…
Doch es ist gut, frühzeitig das „Los-lassen“ einzuüben, dann fällt es uns einmal in der Todesstunde leichter…

Vielen fällt es schwer, auf etwas Lieb gewordenes zu verzichten; jedoch fällt es leichter, wenn das Ziel verheißungsvoll ist.

Dazu zum Abschluss eine kleine Beobachtung, die ich vor Jahren gemacht habe, als ich einmal zwei Kindern auf dem Spielplatz beim Spiel zuschaute.
Sie spielten im Sandkasten zusammen mit ihren Spielsachen. Plötzlich kam es zum Streit. Das ist „mein Bagger“ – nein, meiner… Jeder betrachtete das Spielgerät als seinen Besitz, den es auf keinen Fall abgeben wollte.
Doch plötzlich kam der Opa von dem einen Kind um die Ecke und sogleich ließ das Kind das Spielgerät liegen und rannte auf den Opa zu, von dem es wusste, dass er immer für eine schöne Überraschung gut war.

Wer seinen Besitz im entscheidenden Augenblick loslassen kann, der ist offen für den Empfang von neuem Leben.




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Gedanken – Meditationen – Einblicke


© Georg Michael Ehlert


(c) G. M. Ehlert




Sonntag, 13. September 2009

Du bist der CHRISTUS - ein Bekenntnis mit Konsequenzen



1. Was sagt ihr, wer Jesus ist, welcher der Christus genannt wird? Jede Zeit der Kirchengeschichte hat bestimmte Schwerpunkte gesetzt:
Jesus = der Christus (1. – 2. Jh.)
Christus, der Gute Hirt (3. Jh. -
Christus, Lehrer der göttlichen Wahrheit (4. Jh. –
Christus, der Herrscher (Pantokrator) (6. Jh. –
Christus, der Leidenskönig am Kreuz (12. Jh. –
Christus, der Bruder im Elend (14. Jh. –
Christus, der Weltenrichter (16. Jh. –
Christus, der Unerkannte (17. Jh. –
Christus, Ereignis der frommen Erbauung (19. Jh.)
Christus, im 20. Jh. ? – Und heute?

2. Seit 50 Jahren ist unsere Pfarrgemeinde eine „Christus-König-Gemeinde“In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte der Titel: „Christus-König“ geradezu Hochkonjunktur.
1925 führte Papst Pius XI. ein eigenes Christkönigsfest ein in der Überzeugung, „dass das wirksamste Heilmittel gegen die zerstörenden Kräfte der Zeit die Anerkennung der Königsherrschaft Christi sei.“
Und die Gemeinde in Gemen trägt diesen Titel: Christus – König seit 1959 in ihrem Pfarrnamen.
- eine programmatische Aussage?! – „Durch Maria zu Christus“

3. Christus = König? Doch was sagt uns dieser Titel „Christus – König“ heute? – Passt dieser Titel Jesu noch in die heutige Zeit der Demokratien?

Kinder und Jugendliche habe ich einmal gefragt, was ihnen zu dem Wort „König“ einfällt. Spontan sagten sie:
- Schützenkönig,- Märchenkönig, das Königshaus in England mit all seinem Prunk. ...
Von diesen Königen lässt sich nur schwer auf das Königtum Christi schließen.

Christus – König = eine Aussage, die auch von den Jüngern zunächst missverstanden wurde. Jesus korrigiert mit scharfen Worten das irreführende Verständnis des Apostels Petrus…

4. Christus = König auf dem Kreuzesthron
Jesus vermeidet den Titel „Messias“ = König, er zieht sich zurück, wenn Menschen ihn zum König machen wollen;

Erst nach seiner Verhaftung beim Verhör durch Pilatus hören ihn zu Pilatus sagen: „Ja, ich bin ein König. Doch mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18).
Als machtloser Gefangener entschließt er sich, offen sein Königtum zu verkünden. Denn erst jetzt ist jedem Missverständnis bei diesem Titel die Grundlage entzogen.

„Christus – ein König, der frei macht“Von dem Messias-König erwarteten die Juden, dass er die Macht hat, sein Volk aus der Unterdrückung durch die Römer zu befreien,  ein solcher König ist Jesus nicht, der mit einer gewalttätigen Revolution sein Volk befreit; er lässt sich vielmehr besiegen und am Kreuz töten, um so die Menschen aus der Versklavung durch die Sünde zu befreien.

Von dem Messias-König wurde auch erwartet, dass er die Weisheit besitzt, gerechte Gesetze zu erlassen  doch Christus lässt sich als Narr von den Soldaten verhöhnen;

und von einem Messias-König wurde erwartet, dass er großherzig ist und die Menschen begnadigt, wenn ihre Schuld zu groß ist zur Wiedergutmachung.  Christus zeigt seine Größe in der Erniedrigung: Er begnadigt den Schächer am Kreuz, der ihn darum bittet und öffnet ihm die Tür zum Himmel.

5. Christen = Königskinder in der Kreuzesnachfolge JesuUnd Christus lädt seine Jünger – und heute uns – ein, ihn auf diesem Königsweg der Erlösung nachzufolgen.

Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber sagte einmal sehr deutlich:
„Es gibt nur eine wirkliche Sünde,
zu vergessen, dass jeder ein Königskind ist.“

Wenn das stimmt, dann werden wir in dem Augenblick wahrhaft freie Menschen, indem wir erkennen, dass wir aufgrund von Taufe und Firmung Königskinder geworden sind und dass wir teilhaben am Königtum Christi, wenn wir den Frieden Christi in uns herrschen lassen.

Im Blick auf Christus, den König auf dem Kreuzesthron, werden wir frei
von unseren evtl. falschen Gottesvorstellungen.
Gott ist Melech – d.h. ein König, nicht wie ein verzehrender Moloch, der Menschenopfer fordert, für diesen Gott muss der Mensch nicht „malochen“, d.h. sich verausgaben, um ihn zufriedenzustellen. Der Christus-König verlangt vielmehr die Abkehr vom „Moloch-Götzen“. Er schenkt sich uns vielmehr selber ganz.

Im Blick auf Christus, den König auf dem Kreuzesthron wird der Mensch befreit auch von einem falschen Menschenbild. Nicht weltliche Macht, nicht großes Ansehen bei den Menschen, nicht großer Reichtum können letztlich das Ziel menschlichen Lebens sein.

Der Mensch wird nicht nur frei von Sünde und falschen Abhängigkeiten und Vorstellungen,
sondern er wird auch frei zum Einsatz des Lebens aus Liebe für andere.

Wer Christus als seinen König anerkennt, der beugt in seinem Leben nur vor ihm die Knie zur Anbetung - und niemals vor einem der Mächtigen in der Welt,
aber stets für den Menschen, um ihm in der Liebe Christi zu dienen. Darin zeigt sich, dass er ein wahres Königskind ist.




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© Georg Michael Ehlert


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Sonntag, 9. August 2009

Predigtgedanken zu Joh 6,51-58


„Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt...“

1. Aufruf zu Kannibalismus?
- wenn jetzt in unserem Gottesdienst einer unter uns ist, der nicht vertraut ist mit dem christlichen Glauben, der müsste eigentlich die Stirn runzeln und völlig irritiert seinen Banknachbarn fragen:
„Seid ihr Christen etwa Kannibalen, die das Fleisch Christi essen
und seid ihr Vampire, die das Blut Christi trinken???“

à „Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben?“ – Zu einer heftigen Auseinandersetzung über diese Frage kam es jedenfalls bei der Predigt Jesu in der Synagoge in Kapharnaum.

Wie können wir dieses Anstoß erregende Wort Jesu richtig verstehen:
"Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt,
hat das ewige Leben."

2. kein Sonntagsbraten, sondern Jesu Lebenshingabe ist gemeint

· Menschenfleisch essen = Kannibalismus?
europ. Denken: analytisch: Hand = Körperteil;
hebr. Denken: personal: Hand = Handeln des Menschen - der Mensch unter einem besonderen Aspekt gesehen:
So z.B. auch in vielen deutschen Redewendungen.
Er ist die rechte Hand seines Chefs d.h. er ist ein vertrauter Mitarbeiter,
der große Verantwortung trägt.

Fleisch nicht im griechischem, sondern im hebräischen Verständnis:
Der Mensch in seiner Schwachheit, Hinfälligkeit, Sterblichkeit

· Jesu Fleisch essen (zerkauen)? = ganz in sich aufnehmen
= eins werden mit der Lebenshingabe Jesu
(Verstehen wir die Sprache der Liebe: Ich habe dich "zum Fressen gern" - ich möchte, dass wir eins werden, ich möchte, dass mir deine Gegenwart ganz "in Fleisch und Blut" übergeht)

3. Wie kann ER uns sein Fleisch zu essen (=verzehren) geben? – Speise für’s ewige Leben?

In der Eucharistischen Rede im Johannesevangelium zeigt Jesus das Einzigartige der göttlichen Liebe auf. In diesem Geheimnis offenbart sich das Besondere des christlichen Glaubens.
Zum Verhältnis von Gott zu uns Menschen - gibt das Johannesevangelium Antwort auf

4 Missverständnisse:

· 1. Gott gibt Geschenke (wie das Manna), das heißt: er gibt etwas, aber er gibt nicht sich selbst.
Er bleibt wie ein König dieser Welt oben. So die übliche Vorstellung.

Jesus dagegen lebt, was er sagt:
"Ich bin das lebendige Brot,
das vom Himmel herabgekommen ist."

In Jesus Christus mischt sich Gott selbst wie ein Sauerteig in das irdisch-sterbliche Leben der Menschen hinein, um es von innen her mit seinem göttlichen Leben zu durchsäuern.

· 2. Gott spricht durch sein Wort den Geist des Menschen an, der Körper mit seinen Trieben und seiner Schwachheit sei zweitrangig. So die gängige Vorstellung bei vielen.

In Jesus dagegen ist Gottes ewiges Wort "Fleisch" geworden, d.h. ein schwacher, sterblicher Mensch. Und er sorgt nicht nur dafür, dass der Mensch mit seinem Verstand an Gottes Wort glaubt, sondern er sorgt für die Stärkung des ganzen Menschen:
"Wer von diesem Brot isst (wörtlich: zerkaut), wird leben in Ewigkeit."

Es reicht nicht, dass der Mensch "nur" an Gottes Wort glaubt, er soll es ganz und gar in sich aufnehmen

· 3. In allen Religionen hat zuerst der Mensch Gott etwas darzubringen: ein Menschen- oder Tieropfer; oder das Opfer des Lobes und Dankes, dann darf er darauf hoffen, von Gott etwas zu erhalten.

Ganz anders bei Jesus: Er bietet sich zuerst selber uns dar. Er lässt sich ganz von der Not der Menschen verzehren. Und er fordert uns auf, dieses Geschenk seiner Liebe anzunehmen, ja es ganz in sich aufzunehmen wie eine stärkende Speise.
"Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst (=zerkaut) und sein Blut (den göttlichen Lebenssaft) nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch"

Das Fleisch Jesu essen, sein Blut trinken bedeutet:
nicht nur die Denkweise Jesu sich zu eigen machen,
sondern ganz die Handlungs- und Lebensweise Jesu in sich aufnehmen und sie sich zu eigen machen.

· 4. Heißt Vereinigung mit Gott nicht totales Aufgehen im anderen und Verlust der eigenen Identität? - So verstehen es viele Religionen auch heute noch.

Doch die Kommunion mit Jesus bewirkt etwas anderes: ein gegenseitiges Übereinstimmen bei Bewahrung der eigenen Identität:
"Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt,
der bleibt in mir und ich bleibe in ihm." -

Keiner von beiden wird ausgelöscht.

4. Welche Nahrung ist wirklich gut für uns?
Die Jünger Jesu und die an Christus Glaubenden haben glaubend erkannt:
"Sein Fleisch ist wirklich eine Speise,
und sein Blut ist wirklich ein Trank!"
Die Teilhabe an der Lebenshingabe Jesu Christi ist wirklich das, was unser Leben mit Sinn und Kraft erfüllt.

5. Das Vermächtnis der Liebe Jesu
und der damit verbundene Auftrag wird den Jüngern beim Letzten Abendmahl anvertraut, wenn Jesus sagt:
"Tut dies zu meinem Gedächtnis!"
Damit meint er nicht nur die Wiederholung einer heiligen Zeremonie, wie sie auch heute in der Eucharistiefeier geschieht, sondern er meint damit vor allem:
"Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe."
D.h. Werdet selber mit eurem ganzen Leben Brot für andere.

Ein Liedvers erinnert uns daran mit folgenden Worten:

"...Wer dies Geheimnis feiert, soll selber sein wie Brot,
so lässt er sich verzehren von aller Menschen Not.
Geheimnis des Glaubens: Im Tod ist das Leben!"

Sonntag, 7. Juni 2009

zum Dreifaltigkeitssonntag 07. Juni 2009

„…den Geist empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!"

Zwei Kinder spielen vor der Marienkirche als ein frisch vermähltes Brautpaar mit der Hochzeitsgesellschaft aus der Kirche herauskommt. Du – sagt das eine Kind zum andern – sollen wir die Leute einmal schocken? – Wie willst du das denn machen? – Ganz einfach, ich gehe zum Bräutigam und sage ganz laut: „Hallo Papa!“

So schockierend muss es in den Ohren der Menschen geklungen haben, als Jesus den einen Gott, dessen Namen Jahwe fromme Juden bis heute aus Ehrfurcht nicht auszusprechen wagen – ganz ungeniert „Abba, Papa!“ nannte.
Das bedeutet doch: Jesus behauptet, dass er Sohn Gottes ist. Und weil Jesus an dieser Behauptung festhielt, musste er dies mit dem Tod am Kreuz bezahlen. Und mit der Auferweckung Jesu hat dieser Gott bestätigt, dass dieser Jesus wahrhaft Gottes Sohn ist. Und – so hat es Jesus seinen Jüngern aufgetragen: Ihr dürft genauso aus dieser Überzeugung – aus diesem Geist - leben, dass Gott euer „Papa“ ist.

In diese Wirklichkeit sind auch wir hineingetaucht worden als wir getauft wurden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Diese Summe des christlichen Glaubens will das heutige Dreifaltigkeitsfest beleuchten.
Ein merkwürdiger Titel und ein merkwürdiges Fest.
Wir feiern heute nicht die Erinnerung an ein besonderes Ereignis im Leben Jesu oder im Leben der Kirche.
Wir feiern unser Glaubensbekenntnis.

1. Es gibt nur einen einzigen Gott
„Ich glaube an den einen Gott...“
Damit beginnt unser Glaubensbekenntnis.
Und dieser Glaube an den einen Gott verbindet uns mit den Juden und mit den Moslems.
Die Juden bekennen mit Mose:
„Jahwe ist der Gott im Himmel droben
und auf der Erde unten, keiner sonst.“
Und von diesem Gott bekennen sie (und auch wir):
„ Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott,
langmütig, reich an Huld und Treue.“
Und auch die Moslems bekennen sich zu diesem einen Gott, den sie Allah nennen. „Es gibt keinen Gott außer Allah.“

Doch weder Juden noch Moslems können von ihrem Glauben her verstehen, dass auch wir Christen an den einen Gott und nicht etwa an drei Götter glauben, wenn wir uns zu Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist bekennen.

Der Glaube an den einen Gott verbindet uns mit Juden u. Moslems – der Glaube an den dreifaltigen Gott trennt uns.

2. Schwierigkeit, das Geheimnis der Dreifaltigkeit Gottes zu verstehen
Wie soll das denkbar sein? Ein Gott in drei Personen.
Auch in unserem Erfahrungsraum gibt es das, dass 3 = 1 ist.
- z.B. Ein Raum = 3 Dimensionen: Höhe, Breite, Tiefe.

Das Bekenntnis zum dreifaltigen Gott ist keine Spekulation von klugen Theologen, die sich das ausgedacht haben, sondern zu diesem Glaubensbekenntnis ist es gekommen aufgrund der Erfahrungen, welche die Jünger Jesu mit dem lebendigen Gott gemacht haben. Es ist die Entfaltung des Satzes: „Gott ist die Liebe“.

3. Das Geheimnis der göttlichen Liebe ist für mich der Schlüssel, der mich hineingeführt hat in das Geheimnis des dreifaltigen Gottes.

- Nicht das Theologiestudium hat mich zu einem lebendigen Glauben geführt, sondern die Erfahrung einer lebendigen Glaubensgemeinschaft während meiner Studienzeit.
Die Nähe liebender Menschen hat in mir die Sehnsucht nach der Liebe Gottes geweckt. – Es war die Erfahrung, dass Gottes liebender Geist in unserer Studentengruppe lebendig war. – Der Heilige Geist - Gott in uns und zwischen uns.

- Die gemeinsame Suche nach den Glaubensquellen hat mich auch Jesus Christus entdecken lassen:
- in der Heiligen Schrift,
- in der Eucharistie,
- in den Menschen.
So habe ich erfahren: Christlicher Glaube braucht ein konkretes Gegenüber, er muss geerdet sein, damit er nicht schwärmerisch oder weltlos wird. – Jesus Christus - Gott, der uns gegenüber steht.

- Die Entdeckung Jesu Christi lässt mich auch erahnen, wer der verborgene Gott ist, den Jesus liebevoll Abba – Vater nennt.
Dieser väterlich/mütterliche Gott bleibt geheimnisvoll und verborgen, doch ist er offenbar geworden in Jesus.
(Wer mich sieht, sieht den Vater – sagt Jesus im Johannesevangelium).- Der Gott, der all unsere Vorstellungen übersteigt.

4. Der dreidimensionale Raum, in dem wir leben ist für mich ein Bild für den dreifaltigen Gott.
- Die Längendimension ist Jesus Christus. Er ist das Maß aller Dinge. Er ist das A und O. Der Anfang und das Ende.
- Die Breitendimension ist der Heilige Geist, der die Menschen miteinander verbindet zur Lebendigkeit und Dynamik des Glaubens.
- Die Höhen- oder Tiefendimension ist Gott, der verborgene Vater. Ihn können wir nicht sehen, aber in ihm ist unser Leben verwurzelt.
Diese drei verschiedenen Dimensionen geben unserem Leben Raum, Weite und Tiefe.

5. Ein solches „dreidimensionales“ Gottesbild hat für mich auch Konsequenzen für das Leben in der kirchlichen Gemeinde:
- Eine erste Konsequenz: Der Maßstab (die Längendimension) für alles Handeln ist Jesus Christus: „Was ihr einem der geringsten Brüder oder Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.“ – Damit hat der Glaube auch eine politische Dimension: die solidarische Verbundenheit mit allen Menschen, besonders mit den Armen.
- Eine zweite Konsequenz: Die göttliche Atmosphäre (die Breitendimension) bewirkt der Heilige Geist. Er ruft uns auf zu einem geschwisterlichen Umgang miteinander, so dass in der Gemeinschaft von Christen die Liebe Gottes erfahrbar wird.
- Eine dritte Konsequenz: Die Aufgabe der Christen ist es, die Menschen aufmerksam zu machen mit der Höhen- bzw. Tiefendimension des Lebens. Hier zeigt sich die mystische Dimension des Glaubens, die betende Verbundenheit mit dem lebendigen Gott, dem Ursprung und Ziel des Lebens.

Gott ist die Liebe. Das ist der Kern unseres Glaubens an den dreifaltigen Gott. Und wer in dieser Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. – Amen.

Mittwoch, 27. Mai 2009

zum Pfingstfest - Lebenszyklen einer Organisation

Der Geist weht, wo er will…
wir können es nicht ahnen. Er greift nach unserem Herzen und bricht sich neue Bahnen.

Die Vision:
Plötzlich ist er da – unberechenbar
wie beim Pfingstfest

Die Gemeinschaft:
Es sammeln sich all die, die vom gleichen Geist ergriffen sind.

Das Programm:
Den Hl. Geist einfangen – in Bekenntnisformeln – Dogmen – Glaubenssätzen

Die Organisation:
Ein System aufbauen mit einem Regelwerk von Gesetzen…

Die Administration:
Den Hl. Geist für eigene Zwecke gebrauchen – ihn domestizieren…

Der Tod – oder ein Neubeginn?

Der Hl. Geist lässt sich nicht einfangen…
“Der Geist weht, wo er will…er bricht sich neue Bahnen“

Predigtgedanken zum 7. Sonntag der Osterzeit (B) 24.05.2009

Joh 17,6a.11b-19

Manch einer von Ihnen kennt noch die 1. Frage aus dem Katechismus: = „Wozu sind wir auf Erden“ – und die entsprechende Antwort: = „Wir sind auf Erden, um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und einst ewig bei ihm zu leben.“

Von dieser Überzeugung waren vor 60 Jahren wohl auch die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes geprägt:

Das Grundgesetz: -
„Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben.“

Mit diesen feierlichen Worten beginnt das Grundgesetz Deutschlands, das gestern vor 60 Jahren verabschiedet wurde.

Auch das sogenannte Hohepriesterliche Gebet Jesu
– aus dem wir im Evangelium einen Teil gehört haben – ist von diesem Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen geprägt.

Jesus gibt zum Abschluss seiner Abschiedsrede im Abendmahlssaal vor Gott Rechenschaft über sein Leben
und vertraut die Menschen dem Schutz Gottes an:
„heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir.“
Dieses besondere Gebet Jesu erinnert mich an das Gebet Jesu, das er uns zu beten gelehrt hat – das Vater unser.
Auch dieses Gebet atmet den gleichen Geist, der das ganze Leben Jesu geprägt hat:
auch im Vater unser geht es im ersten Teil – mit den Bitten um Heiligung des Namens Gottes, dem Kommen seines Reiches und der Erfüllung des göttlichen Heilswillens darum, dass die Einheit der Liebe mit Gott gewahrt beleibt:

der zweite Teil des Vaterunsers ist davon geprägt, was wir Menschen notwendig brauchen – täglich Brot und Einsicht, die Kraft zur Vergebung und die Bewahrung vor dem Bösen.

Auch im Hohepriesterlichen Gebet bittet Jesus darum, dass wir Menschen angesichts des Bösen nicht zu Fall kommen.
„Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt herausholst,
sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst.“

Wir sollen nicht von dem geprägt werden, was in unserer oft gottlosen Welt so üblich ist, sondern uns von Gottes heilbringendem Wort prägen lassen, damit wir Freude in Fülle in uns haben in der Einheit mit Jesus Christus – das ist und bleibt Jesu Herzensanliegen.

Ich lade Sie ein – in diesen Tagen zwischen Christi Himmelfahrt und dem Pfingstfest in besonderer Weise –
um diesen Geist Gottes zu beten, der uns stärkt,
dass „wir im Bewusstsein unserer Verantwortung vor Gott und den Menschen von dem Willen beseelt sind … dem Frieden in der Welt zu dienen.“

Herr sende aus deinen Geist
und das Antlitz der Erde wird neu.

Montag, 25. Mai 2009

Pfingsten

„Am Fest der Pfingsten – sind die Geschenke am geringsten“ ?!

Was feiern wir an Pfingsten?
für viele in unserer Zeit – ein „bedeutungsloses“ Fest
Weihnachten = große Geschenke + 3 Wochen Ferien;
Ostern = Osterhase + 3 Wochen Ferien
Pfingsten ??? – gerade mal 1-2 Tage Pfingstferien.

Der Name „Pfingsten? – Pentecoste = der 50. Tag“
Volksmund: „Am Fest der Pfingsten –
sind die Geschenke am Geringsten!“

Was sind die Geschenke an Pfingsten?
- nicht greifbar: der Hl. Geist mit seinen 7 Gaben…

Schöpfung – Erlösung – Heiligung
- Israel: Schöpfung – Exodus – Gabe der Tora
- Christentum: Weihnachten – Ostern – Pfingsten
Shawuot = Gabe der Tora
Pfingsten = Gabe des Hl. Geistes = Befähigung, die Torah im Sinne Jesu zu verstehen und zu leben

Zur Freiheit befreit (Renovabis)
1989 – und heute???

Wir = das Geschenk Gottes für die Welt?!
„Am Fest der Pfingsten – die Geschenke am geringsten?!
Es liegt an uns: Das Pfingstfest sagt: Wir sind ein Geschenk für die Welt – sind wir es?
Wenn wir uns zu unserem Glauben freimütig bekennen,
wird das Befreiende unseres Glaubens bekannt.